BBU-Pressekonferenz: Enteignungsphantasien ohne Fundament

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Die Vergesellschaftung von Immobilien großer Wohnungsunternehmen in Berlin, wie sie die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ anstrebt, wäre in mehrerlei Hinsicht verfassungswidrig. Zu diesem Ergebnis kommt der renommierte Verfassungsrechtler und Präsident des Berliner Verfassungsgerichtshofs a.D., Prof. Dr. Helge Sodan, in einem vom BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V. beauftragten Rechtsgutachten. Sowohl Grundgesetz als auch Berliner Landesverfassung stünden dem Vorhaben entgegen. Das Gutachten wurde am 20. März 2019 im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt. 

BBU-Vorstand Maren Kern: „Die Enteignungsdiskussion ist von großer Tragweite für die Zukunft unserer wachsenden Stadt. Bereits die Debatte bringt in Form von gesellschaftlicher Polarisierung, Rechtsunsicherheit und einer drohenden Herabstufung der Kreditwürdigkeit des Landes Schaden für Berlin. Seine Umsetzung wäre nicht nur mit enormen finanziellen Belastungen und Risiken verbunden, sondern wäre auch ein fataler Schlag gegen das Investitionsklima, ohne dass dadurch auch nur eine einzige Wohnung zusätzlich entstehen würde. Deshalb war es uns sehr wichtig, das Vorhaben einer gründlichen Prüfung zu unterziehen und in allen relevanten Rechtsfacetten von einem unabhängigen Experten untersuchen zu lassen. Umso mehr freuen wir uns, dass das Ergebnis so eindeutig ausgefallen ist: Eine Enteignung wäre weder mit dem Grundgesetz noch der Berliner Landesverfassung vereinbar.“ 

Unvereinbar – sowohl mit Grundgesetz als auch mit Berliner Landesverfassung 
Der Verfassungsrechtler verneint in seinem Gutachten mit dem Titel „Zur Verfassungsmäßigkeit der Sozialisierung von Immobilien privater Wohnungswirtschaftsunternehmen im Land Berlin“ die Vergesellschaftungsfähigkeit von Wohnimmobilien ebenso wie Erforderlichkeit, Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit des Vorhabens, das deshalb einen unzulässigen Eingriff in die Eigentumsfreiheit nach Art. 14 GG darstellt. Außerdem sieht Sodan den grundgesetzlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt und bezweifelt, dass die Entschädigungskosten ohne einen Verstoß gegen die ab 2020 verbindliche grundgesetzliche „Schuldenbremse“ möglich wäre. Ein weiterer zentraler Punkt: Die 1995 per Volksentscheid in Kraft gesetzte Berliner Landesverfassung hat einen noch stärkeren Eigentumsschutz als selbst das Grundgesetz – und sieht deshalb weder das Instrument der Vergesellschaftung noch der „Legalenteignung“, also einer Enteignung per Gesetz, vor. „Als die Berliner Landesverfassung 1995 ausgearbeitet wurde, waren die Eindrücke der schlimmen Folgen von Enteignung und Kollektivierung in der eben erst wiedervereinigten Stadt noch ganz frisch. Deshalb wurde bewusst auf diese Instrumente verzichtet. Da Landesgrundrechte fortgelten, wenn sie einen höheren Schutz als das Grundgesetz gewähren, heißt das konkret: Ein Rückgriff auf die Ermächtigung in Art. 15 Grundgesetz ist durch die verfassungsmäßige Begrenzung der Landesstaatsgewalt ausgeschlossen“, so Kern. 

Forderung nach klarer Positionierung des Senats
Angesichts der Reichweite des Vorhabens der Enteignungs-Initiative forderte Kern vom Berliner Senat eine klare Positionierung: „Es kann nicht sein, dass es in einer so wichtigen Frage bislang keine einheitliche Position der Landesregierung gibt. Sie muss sich der Diskussion stellen und klarmachen, für was sie steht – insbesondere in Anbetracht der potenziell gravierenden Auswirkungen auf den Landeshaushalt und die Zukunft Berlins als Wirtschaftsstandort.“ 

108 Seiten und öffentlich verfügbar
Das im Auftrag des BBU erstellte Gutachten umfasst 108 Seiten und gliedert sich in fünf Kapitel mit zahlreichen Unterpunkten. Im Mittelpunkt steht die Vereinbarkeit des Vorhabens mit Grundgesetz und Berliner Landesverfassung. Darüber hinaus geht es auch um Kriterien zur Berechnung einer Entschädigung oder die Frage der potenziell von einer Enteignung betroffenen Unternehmen. Es kann unter www.bbu.de heruntergeladen werden.

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PK Enteignungsdiskussion Pressemappe
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BBU-Sodan-Rechtsgutachten-2019-Endfassung
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