Wenn der Mieter ein Einschreiben trotz eines Benachrichtigungszettels des Postbeamten nicht am nächstfolgenden Werktag abholt, wird dennoch der Zugang des Einschreibens auf diesen Zeitpunkt gerechnet.
Das LG Freiburg hat durch Urteil vom 1. Juli 2004, veröffentlicht in WuM 2004, Seite 490 f., entschieden, dass ein fingierter Zugang eines Einschreibens zu Gunsten des Vermieters für den Zeitpunkt anzunehmen ist, zu dem die Abholung bei der Poststelle regelmäßig möglich und zumutbar erscheint, also am nächstfolgenden Werktag, wenn der Mieter einen entsprechenden Benachrichtigungszettel des Postbeamten erhalten hatte. In dem entschiedenen Fall ging es um die Wirksamkeit eines Kündigungsschreibens. Der Vermieter hatte eine Kündigung zum 31. Mai 2003 erklärt. Das Kündigungsschreiben hatte er per Einschreiben versandt. Der Postbeamte hatte die Mieter am Samstag, den 1. März 2003, nicht angetroffen, jedoch in ihrem Briefkasten einen entsprechenden Benachrichtigungszettel hinterlassen. Die Kündigungsfrist wäre am 4. März 2003 abgelaufen. Die Mieter beriefen sich darauf, dass die Frist nicht eingehalten worden sei, da sie das Kündigungsschreiben erst am 5. März 2003 bei der Postagentur abgeholt hätten. Das LG Freiburg bestätigt die Auslegung des AG, wonach gemäß § 242 BGB (Grundsatz von Treu und Glauben) hier der Zugang des Kündigungsschreibens auf den 3. März 2003, spätestens aber auf den 4. März 2003 anzunehmen sei. Zwar sei die Kündigung nicht bereits am 1. März 2003, dem Tag des Einwurfs des Benachrichtigungszettels in den Briefkasten des Mieters, zugegangen. Dies vor dem Hintergrund, dass die Öffnungs- und Abholzeiten der zuständigen Postagentur eine solche Abholung nicht zugelassen hätten. Die Mieter hätten jedoch das Einschreiben am nächstfolgenden Werktag, nämlich Montag, den 3. März 2003, abholen können. Bei Nichtabholung oder verzögerlicher Abholung eines Einschreibebriefes ist aber der fingierte Zugang zu dem Zeitpunkt anzunehmen, zu dem die Einlösung des Benachrichtigungszettels möglich und zumutbar erscheint, regelmäßig also der nächstfolgende Werktag. Im Übrigen musste in dem hier entschiedenen Fall der Mieter wegen bereits vorheriger Streitigkeiten mit dem Vermieter aufgrund einer unwirksamen Eigenbedarfskündigung mit entsprechenden fristwahrenden Erklärungen des Vermieters rechnen. Wenn sie in dieser Situation eine Benachrichtigung über ein Einschreiben vorfinden, aus der der Absender und der Anlass des Schreibens zwar nicht ersichtlich ist, so sei von ihnen nach Treu und Glauben zu verlangen, dass sie alsbald im Rahmen des Zumutbaren und Möglichen das Schreiben abholen. Auch bei den Wohnungsunternehmen des BBU dürfte diese Fallvariante öfter eintreten, da vielfach Mieter, denen die Kündigung ausgesprochen werden soll, etwaige Einschreiben gar nicht mehr entgegennehmen. Das Urteil liegt im Internet über .pdf-Format vor. Hierzu wird das Acrobat Plug-In benötigt. Urteil des LG Freiburg vom 01.07.2004
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