Nach neuester Auffassung des BGH führt jede vertragliche Abweichung von der VOB/B dazu, dass diese nicht Vertragsinhalt wird.
Der BGH hat durch Urteil vom 22. Januar 2004 (VII ZR 419/02), veröffentlicht in „Baurecht“ 2004, Seite 668 ff. entschieden, dass jede vertragliche Abweichung von der VOB/B dazu führt, dass diese nicht als Ganzes vereinbart gilt. In dem entschiedenen Fall stritten die Parteien über die Anwendbarkeit der Regelung in § 16 VOB/B zur vorbehaltslosen Annahme der Schlusszahlung. Die Vorinstanzen hatten entschieden, dass dem Werkunternehmer ein Werklohnanspruch nicht zustehe, da sich die Auftraggeber insoweit auf die Einrede der vorbehaltlosen Annahme der Schlusszahlung berufen könnten. Der BGH hat auf die Revision hin das Urteil aufgehoben. Die Auftraggeberin habe, so der BGH, das Vertragswerk vorgegeben. Zu ihren Lasten sei daher eine Inhaltskontrolle anhand der allgemeinen Geschäftsbedingungen vorzunehmen. Die hier streitige Regelung des § 16 VOB/B sei eine allgemeine Geschäftsbedingung, die grundsätzlich der Inhaltskontrolle unterliege. Sie beeinträchtige den Auftragnehmer unangemessen. Die einzelnen Regelungen der VOB/B unterlägen nach der Rechtsprechung des BGH nur dann nicht dieser Art der Inhaltskontrolle, wenn der jeweilige Verwender der Klauseln die VOB/B ohne ins Gewicht fallende Einschränkungen übernommen hat. Grundsätzlich stelle die VOB/B einen billigen Interessenausgleich zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber dar. Würden jedoch einzelne Regelungen der Inhaltskontrolle unterzogen, so könnte der bezweckte Interessenausgleich gestört sein. Der BGH verweist auf seine Rechtsprechung in der Vergangenheit, bei der einzelne Änderungen zu Bestimmungen der VOB/B bereits zur Unwirksamkeit der gesamten Vereinbarung der VOB/B geführt haben. Diese Vielzahl der Entscheidungen hat jedoch bisher keine klaren Abgrenzungskriterien erkennen lassen, unter welchen Voraussetzungen eine wesentliche Beeinträchtigung des in der VOB/B verwirklichten Interessenausgleiches angenommen werden kann. Der BGH stellt insoweit fest, dass die bisher verwendeten Formulierungen nicht als brauchbares Abgrenzungskriterium angesehen werden könnten. Der BGH führt weiter aus, dass sich aus den bisherigen Entscheidungen bereits die Tendenz ergebe, dass schon bei relativ geringfügigen Abweichungen ein Eingriff in den Kernbereich der VOB/B bejaht werden müsse. Diese Entwicklung sei nunmehr im Interesse der Rechtsicherheit dahin abzuschließen, dass grundsätzlich jede inhaltliche Abweichung von der VOB/B als Störung des von ihr beabsichtigten Intereressenausgleichs zu bewerten sei. Der BGH lässt ausdrücklich offen, ob die Rechtsprechung zur VOB/B als Ganzes auch auf Fälle unter Geltung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts anwendbar ist. Den Mitgliedsunternehmen kann derzeit nur geraten werden, grundsätzlich bei Vereinbarungen der VOB/B als Ganzem keine hiervon abweichenden, gesonderten vertraglichen Bestimmungen zu vereinbaren. Wie bereits in den BBU-Medien berichtet, steht derzeit eine Neuregelung des Vergaberechtes und damit möglicherweise auch der VOB Teile A und B durch die Bundesregierung zur Diskussion. Es ist noch offen, welche gesetzlichen Regelungen künftig geplant sind. Über den Fortgang des Verfahrens wird weiter berichtet. Das Urteil kann von unseren Mitgliedsunternehmen auf unserem Faxabrufserver abgerufen werden. Es liegt im Internet über .pdf-Format vor. Hierzu wird das Acrobat Plug-In benötigt. Urteil des BGH vom 22.01.2004
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