Urteil: Duldungspflicht des Mieters bei Umstellung auf Fernwärme und Strangsanierung

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Das Landgericht Berlin hat durch Urteil vom 20. September 2022 (Az.: 65 S 55/22, Das Grundeigentum 2023/855 ff. zur Frage der Duldungspflicht im Rahmen umfangreicher Modernisierungs- und Erhaltungsmaßnahmen einer Vermieterin entschieden. Beabsichtigt sind die Umstellung der Warmwasserversorgung und der Beheizung der Wohnung von einer Gasetagen- bzw. Ofenheizung auf die Fernwärmeversorgung der Vattenfall Europe Wärme AG Berlin sowie damit verbunden umfangreiche Strangsanierungsmaßnahmen.

Die Mieter verweigerten die Duldung der Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen auch mit der Begründung, dass sie zu einer zeitweisen Unbewohnbarkeit ihrer Wohnungen führen würde.

Die Vermieterin erhob dann eine Duldungsklage vor dem Amtsgericht Berlin. Diese war erfolgreich. Hiergegen richtete sich die Berufung der Mieter. Das Landgericht Berlin hatte die Berufung zurückgewiesen. Wie zuvor das Amtsgericht Berlin hat auch das Landgericht Berlin (65. Zivilkammer) den Mieter für duldungspflichtig hinsichtlich der von der Vermieterin angekündigten Maßnahmen gehalten.

Es handelte sich um die Erneuerung der vertikalen Steigeleitungen für Ab-, Kalt- und Warmwasser sowie Zirkulation und die Umstellung der vorhandenen Warmwasserversorgung und Beheizung der Wohnung durch eine Gasetagenheizung- bzw. Ofenheizung auf Vattenfall Fernwärmeversorgung. Die Vermieterin hatte die geplanten Maßnahmen im Rahmen des § 555a Abs. 2, § 555c BGB ordnungsgemäß angekündigt und sich auf die mit den Maßnahmen verbundenen Einsparungen nicht erneuerbarer Primärenergie berufen. Ferner waren Instandhaltungsmaßnahmen, wie etwa die Erneuerung der Fliesen in den Badräumen, erforderlich.

Der Mieter ist verpflichtet, die Umstellung der vorhandenen Warmwasserversorgung und Beheizung durch eine Umstellung auf Fernwärmeversorgung der Vattenfall Europe Wärme AG Berlin zu dulden, da es sich hier um eine nachhaltige Einsparung nicht erneuerbarer Primärenergie handelt. Der Mieter kann sich dabei nicht darauf berufen, dass die Wohnung aufgrund der Arbeiten zeitweilig nicht bewohnbar ist.

Die Vermieter – so das Landgericht Berlin – hat grundsätzlich Modernisierungs- aber auch Erhaltungsmaßnahmen so schonend auszuführen, dass das Besitzrecht des Mieters nicht mehr als unvermeidbar beeinträchtigt wird. Dies führt jedoch nicht dazu, dass eine Duldungspflicht des Mieters generell und ausnahmslos entfällt, wenn die Maßnahmen für einen zeitlich begrenzten, klar definierten Zeitraum aus beachtlichen Gründen den Verbleib in der Wohnung ausschließen und der Vermieter dem Mieter für den Zeitraum eine Ersatzwohnung anbietet. Dies war vorliegend erfolgt.

Ein anderes Ergebnis wäre mit dem sozialen Wohnraummietrecht und der erforderlichen Abwägung der konkurrierenden Eigentumspositionen von Mieter und Vermieter nicht vereinbar. Ebenso wenig mit dem Zweck der Regelungen zur energetischen Modernisierung im BGB. Auch der Klimaschutz und die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen – auch für künftige Generationen – genießen Verfassungsrang nach Artikel 20a Grundgesetz. Dieser Verpflichtung ist der Gesetzgeber durch die Regelungen in den §§ 555a Nr. 1 bis 3 BGB und im GEG nachgekommen.

Im vorliegenden Fall war die Nutzung der Wohnung für einen Zeitraum von vier Wochen nicht möglich, weil die umfangreiche Strangsanierung dazu führte, dass in dieser Zeit keine Wasserversorgung in der Wohnung vorhanden war. Die Vermieterin stellte den Mietern – nach ihrer Wahl – möblierte oder nicht möblierte Ersatzwohnungen zur Verfügung. Sie teilte dies bereits in der Ankündigung der Instandsetzungsmaßnahmen mit, auch, dass sie die Kosten für die Wohnung sowie den Zwischenumzug trägt. Dies reicht, so das Landgericht Berlin, aus, um den Mietern in diesen Fällen zur Duldung der notwendigen Maßnahmen zu verpflichten.

In den Ausführungen stellt das Landgericht Berlin noch klar, dass der Ersatz des vorhandenen Gasherdes in der Küche durch einen Elektro-Ceranherd ebenfalls zu einer Einsparung nicht erneuerbarer Primärenergie führe und daher als Modernisierungsmaßnahme anzusehen sei.

Der Einbau der angekündigten Einhebel-Mischbatterien mit Durchflussmengenbegrenzung sowie das wandhängende WC mit Wasserstoppfunktion stellten, weil sie den Wasserverbrauch reduzierten, auch Modernisierungsmaßnahmen dar. Gleiches gelte für die Ertüchtigung der Elektroinstallation durch zusätzliche Installation von mit FI-Schutz ausgestatteten Steckdosen im Bad.

Download: LG Berlin, Urteil vom 20. September 2022 – 65 S 55/22 –, juris

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