Der Mieter ist bei Abschluss des Vertrages auch ohne Nachfrage des Vermieters verpflichtet, eventuell bestehende Mietschulden aus einem früheren Vertrag sowie eine drohende Verbraucherinsolvenz zu offenbaren. Andernfalls kann der Vermieter den Mietvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten.
Das AG Wedding hat durch Urteil vom 4. April 2003 (15 C 49/03) , nunmehr veröffentlicht in „Das Grundeigentum“ 2004, Seite 239 zu einer wichtigen Fallkonstellation des vermehrt auftretenden, sogenannten „Mietschuldnertourismus“ entschieden. In diesem Fall handelt es sich um die Anmietung einer Wohnung zu einem Mietzins von 910 Euro monatlich. Die beklagten Mieter besichtigten die Wohnung im September 2002 und erklärten gegenüber dem Vermieter, dass sie beide über ausreichende Einkommen verfügten. Sie zeigten darüber hinaus Interesse daran, eventuell eine weitere Wohnung im Haus als Büro anzumieten. Die Vermieter machten bei dem Gespräch deutlich, dass sie Wert auf regelmäßige und pünktliche Mietzahlung legten und insofern ein Dauerauftrag eingerichtet werden solle. In der ersten Dezemberwoche 2002 erfuhren die Vermieter, dass die Mieter bereits in zwei zuvor abgeschlossenen Mietverhältnissen, u. a. bei einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft, Mietschulden in fünfstelliger Höhe schuldig geblieben waren. Bezüglich einer Wohnung war ein Räumungsverfahren mit Zwangsvollstreckung durchgeführt worden. Die Vermieter fochten daraufhin den Mietvertrag wegen arglistiger Täuschung an. Zum Ende Dezember 2002 stellte einer der Mieter den Insolvenzantrag. Auf die daraufhin erhobene Räumungsklage verurteilte das AG Wedding die Mieter zur Herausgabe der Wohnung. Sie hielten den Vermieter in diesem Fall für berechtigt, das Mietverhältnis wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 BGB anzufechten, sodass der Mietvertrag damit nichtig wurde. Das Gericht führt aus, dass ein Anfechtungsgrund darin zu sehen sei, dass die Mieter die Vermieter bei Abschluss des Mietvertrages über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse getäuscht hätten. Zwar hätten die Mieter nicht ausdrücklich erklärt, dass sie in geordneten Verhältnissen lebten und keine Mietschulden hätten. Das AG Wedding hält jedoch die Mieter in einem derartigen Fall, wie hier geschildert, auch ohne konkrete Nachfrage der Vermieter für verpflichtet, ihre finanzielle Situation darzulegen. Insofern bestehe eine Offenbarungspflicht. Bei Abschluss eines Mietvertrages über eine Wohnung mit einer monatlichen Mietzahlung von 910 Euro wichen hier die finanziellen Gegebenheiten der Mieter so erheblich von den normalen, bei Abschluss einer derartigen Wohnung zu erwartenden Verhältnissen ab, dass die Mieter über ganz erhebliche Mietschulden und über ihre fehlenden Mittel zur Begleichung dieser Schulden hätten aufklären müssen. Die Frage der regelmäßigen und zuverlässigen Mietzahlung seitens des zukünftigen Mieters sei für die Vermieterseite bei Abschluss eines Vertrages von entscheidender Bedeutung. Dies gelte umso mehr, als in diesem Fall die Vermieterseite die Mieter auch auf Probleme mit den Vormietern und die Wichtigkeit der regelmäßigen Mieteingänge hingewiesen hatten. Aufgrund der im Dezember beantragten Verbraucherinsolvenz hatte das Gericht keine Zweifel daran, dass die Vermögensverhältnisse zumindest eines der Mieter bereits im September 2002, bei Mietvertragsabschluss, zerrüttet waren. Die andere Mieterin allein konnte mit ihrem Gehalt nicht die verlangte Miete und den weiteren Unterhalt der Familie bestreiten. Zwar hätten die Mieter hier bis einschließlich April 2003 die Mieten vollständig entrichtet. Die Mietzahlungen seien jedoch bereits im November 2002 und Januar 2003 jeweils erheblich um mehr als zahn Tage verspätet erfolgt. In der kurzen Zeit seit Abschluss des Mietvertrages läge daher ein unregelmäßiges Zahlungsverhalten vor. Mit diesem Urteil wird zumindest denjenigen Vermietern eine Möglichkeit zur Beendigung des Wohnraummietverhältnisses zugestanden, bei denen ähnliche Gegebenheiten bei Mietvertragsabschluss vorhanden sind. Insbesondere bei Mietverhältnissen mit nicht unerheblichen Mietzinsen kann hier eine Möglichkeit gegeben sein, sich von derartigen Mietschuldnern trennen zu können, auch wenn die Voraussetzung für eine Kündigung, etwa wegen Zahlungsrückständen, noch nicht gegeben ist.