Die "Ahrensfelder Terrassen" in Marzahn sind das größte Stadtumbau Ost Projekt Berlins. Nachdem sie beim Bundeswettbewerb Stadtumbau Ost mit einem ersten Preis ausgezeichnet wurden, konnten vor wenigen Tagen die ersten Dachgeschoss-Wohnungen an ihre neuen Mieter übergeben werden.
Anlass genug für den BBU, dieses anspruchsvolle Bauvorhaben zum Gegenstand eines technischen Fachgesprächs zu machen, dass am 9. August in den Räumen der Wohnungsbaugesellschaft Marzahn stattfand.RückbauDas Projekt „Ahrensfelder Terrassen“ umfasst den Teilrückbau unsanierter elfgeschossiger WBS 70-Plattenbaubestände und die anschließende Aufwertung der zurückgebauten Gebäude durch umfangreiche Umbau- und Modernisierungsarbeiten vor. Bis zum Jahresende 2004 sollen alle Bauarbeiten abgeschlossen sein. Unter Beteiligung diverser Institutionen, Bewohnergremien und den Trägern öffentlicher Belange wurden in einem zweijährigen Planungsprozess die Zielsetzungen des Eigentümers, der Wohnungsbaugesellschaft Marzahn, formuliert. Ein Bauteam entwickelte Leitlinien für den Teilrückbau, mit dessen Umsetzung das Planungsbüro STADT-AKZENT GmbH unter Beteiligung der Unternehmensgruppe Schüttauf und Persike beauftragt wurden. Insgesamt werden sechs Gebäude komplett, 16 durch Teilrückbau von elf auf drei bis sechs Geschosse teilweise zurückgebaut. Hierdurch verringert sich die Zahl der Wohnungen von 1840 auf 409 (27.860 Quadratmeter Wohnfläche gegenüber 109.550 m² im Bestand). Dies entspricht einer Reduzierung um 75 Prozent. Dabei stellt der möglichst zerstörungsfreie Rückbau inmitten eines lebendigen Wohngebiets, bei dem ca. 130.000 Tonnen Stahlbeton demontiert werden, eine technologische Herausforderung dar. Der Rückbau erfolgt in umgekehrter Reihenfolge zur früheren Gebäudemontage. Hierzu müssen die Gebäude zunächst entkernt werden, wobei alle nicht zum Rohbau gehörenden Elemente (Fenster, Türen, Bodenbeläge, etc.) entfernt werden. Im Anschluss werden die Betonplatten in festgelegter Reihenfolge demontiert. Nach der temporären Sicherung werden die Verbindungen freigelegt und getrennt, anschließend mit dem Kran zum Abtransport bzw. zur Zerkleinerung vor Ort weitertransportiert. Vor Baubeginn werden vorhandene Schadstoffe lokalisiert, in Schadstoffkatastern katalogisiert und die geordnete Entsorgung bis zur Deponie überwacht. Insbesondere erfordert die vorhandene Wärmedämmung aus Mineralfasern (Karmelit) die umweltgerechte Materialtrennung und –entsorgung.StädtebauDie Intention der Beteiligten, die städtebaulichen und sozialen Defizite am Standort durch eine Verringerung der Bebauungsdichte zu korrigieren, orientierte sich am Prinzip der Polyzentralität Berlins. Durch die Förderung eines peripheren Einzelzentrums werden positive Rückwirkungen auf den gesamten Stadtteil erwartet. Dies entspricht dem Konzept der geordneten „Schrumpfung“ eines Stadtteils, der sonst der ungebremsten sozialen Abwertung anheim fallen würde. Das Projekt stellt damit eine Abkehr vom unbegrenzten Wachstumsoptimismus dar, hin zur Stabilisierung des Quartiers mit Hilfe eines hochwertigen Wohnungsangebotes. In gestalterischer Hinsicht soll eine Rückkehr zu einem städtischen Maßstab unter Berücksichtigung der vorhandene Blockstrukturen umgesetzt werden. Durch die angewandte Höhenstaffelung von drei bis sechs Geschossen werden markante Punkte betont und überlange Gebäudekonfigurationen aufgebrochen. Die gewollte Differenzierung einzelner Gebäude wird durch die Dachterrasseneinschnitte, die Überhöhungen der Erschließungskerne, ein Balkonsortiment von zwölf Grundformen und eine hausweise Farbkontrastierung erreicht. Schaffung neuer WohnqualitätenBei den Ahrensfelder Terrassen geht es darum, dem gesamten Stadtteil positive Impulse zu vermitteln. Das Ziel besteht in der Schaffung einer individuellen, stadtvillenartigen Bebauung. Dabei lassen die bisherigen Erfahrungen und die enorme Mieternachfrage auf einen positiven Verlauf dieses Pilotprojekts schließen, dass hinsichtlich der Umgestaltung von Großsiedlungen durchweg als zukunftsträchtig beurteilt wird.Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung ist von einem weiterem Rückgang der Nachfrage auszugehen. Durch die Rückbaumaßnahme werden 1440 Wohnungen vom Markt genommen, die verbleibenden 409 Mietwohnungen werden entsprechend der ermittelten Nachfragesituation umgebaut. So wird insbesondere der unzeitgemäße Wohnungsverteilerschlüssel korrigiert. Problemgrundrisse, wie die schwer vermietbaren 1- und 5-Raum–Wohnungen, werden komplett zurückgebaut. Zusätzlich werden 39 Eigentumswohnungen geschaffen.Der Projektname Ahrensfelder Terrassen ist aus den großzügigen Dachterrassen hergeleitet (Grundfläche ca. 30 m²), die bei 45 Wohnungen (11%) ein erhebliche qualitative Aufwertung darstellen. In den Erdgeschossen erhalten 27 Wohnungen (7%) einen dem Balkon zugeordneten, eigenen Mietergarten. Sämtliche Balkone werden in der Breite auf 1,80m bis 2m erweitert. Nach dem Umbau verfügen alle Wohneinheiten über einen eigenen Balkon. Durch 82 Prozent Grundrissänderungen werden 40 Grundrissvarianten geschaffen, die Hälfte mit vergrößerten Bädern mit Außenfenstern und z. T. großzügigen Küchen. Ferner wurde das Wohnungsangebot für Behinderte und Wohnungen für Senioren erheblich ausgedehnt. Die entsprechenden Aufgänge mit insgesamt 26 behinderten– bzw. seniorenfreundlichen Grundrissen (7 %) erhalten einen Treppenlift zum stufenfreien Erreichen der Geschoss- bzw. Aufzugsebene, wo sich der eigentliche Gebäudeaufzug befindet.Neben diesen Maßnahmen werden die verbleibenden Wohnungen modernisiert und instandgesetzt. Durch Wärmedämmung, Isolierverglasung der Fenster und Optimierung der Wohnungsausrichtung mit zusätzlichen Fenstern wird der Energiebedarf gesenkt. Alle Gebäude erhalten überwiegend ebenerdig erreichbare Fahrradabstellräume. Wohnungen und Treppenhäuser werden mit trittschallmindernden Bodenbelägen ausgestattet. Alle Wohnungen werden komplett renoviert und mit neuen Innentüren versehen, die Mieterkeller werden erneuert und z.T. erheblich vergrößert .Kostenschätzung und AusschreibungsverfahrenIm Rahmen der Kostenschätzung wurde eine Grobgliederung erarbeitet, die sich aus den Punkten Rückbau, Modernisierung/Instandsetzung, Ordnungsmaßnahmen und Außenanlagen zusammensetzte. Für jede Grundrissänderungsvariante wurde eine Kostenberechnung erstellt. Die reinen Bauherstellungskosten ohne Baunebenkosten wurden inkl. Rückbau, Leitungsverlegung und Außenanlagen auf ca. 23,6 Millionen Euro geschätzt, wovon zehn Millionen von Land Berlin gefördert werden. Dies entspricht ca. 68 Euro/m² rückgebauter Fläche für den Rückbau inkl. Leitungsverlegung, 847 Euro/m² für die Sanierung der verbleibenden Wohnfläche und 215 Euro/m² auf die Gesamtwohnfläche vor Rückbau gerechnet. Im Laufe der Bauausführung haben sich diese Ansätze bestätigt.Das Vorhaben wurde je nach eingeschätzter Kostenobergrenze teils öffentlich, teils beschränkt ausgeschrieben. Insgesamt wurden je Teilbereich ca. 16 Leistungsverzeichnisse erstellt, bei fünf Teilbereichen also ca. 80 Leistungsverzeichnisse. Bei den öffentlichen Ausschreibungen gab es 668 Bewerbungen, im Rahmen der beschränkten Ausschreibung wurden ca. 300 Firmen zur Angebotsabgabe aufgefordert. Allein die Kopierkosten für die Ausschreibungen (Leistungsverzeichnisse und angehängte Zeichnungen) beliefen sich auf ca. 9.000 Euro. ZwischenfazitDer Umstand, dass die neuangebotenen Wohnungen „vom Papier weg“ zu 60 Prozent Mietinteressenten fanden, übertraf auch die optimistischsten Erwartungen. Dabei waren die Dachterrassen–Wohnungen nach kurzer Zeit komplett vergeben, einen weiteren Nachfrageschwerpunkt bilden Wohnungen mit belichteten Bädern und großzügigen 2–Raumwohnungen um 70 Quadratmeter Wohnfläche. Die Nettokaltmieten liegen dabei zwischen 4 und 5,50 Euro.