Das Bundesbauministerium hat am 30. Juli 2024 den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der integrierten Stadtentwicklung (Baugesetzbuchnovelle) in die Länder- und Verbändeanhörung gegeben. Die Baugesetzbuchnovelle soll zeitnah im Kabinett beschlossen und bis Ende des Jahres im Deutschen Bundestag verabschiedet werden.
Dazu Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen: „Das Baugesetzbuch ist eine zentrale rechtliche Grundlage für das Bauen und die Stadtentwicklung in Deutschland. Wer modern, schneller und klimaangepasst bauen will, muss hier ran. Die Novelle ist umfassend angelegt. Planen, Genehmigen und Bauen werden bürokratieärmer. Das spart Zeit und Kosten. Die Novelle ist damit auch ein kleines Konjunkturprogramm für die Baubranche. Wir vereinfachen die Anwendung des Städtebaurechts durch mehr Praxisorientierung. Gemeinden können besser auf lokale und regionale Veränderungen reagieren und bei Bedarf schneller Baurechte schaffen. Denkbar sind z. B. Baurechte für die Errichtung von Anlagen für erneuerbare Energien, für die Umnutzung leerstehender Gewerbeimmobilien in den Innenstädten oder zur Vergrößerung von Einzelhandelsstandorten.“
Die wichtigsten Neuerungen der BauGB-Novelle:
Aufstockungen: Künftig sollen in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten Erweiterungen von Gebäuden möglich sein, insbesondere Aufstockungen, auch quartiersweise oder stadtweit, ohne dass ein Bebauungsplan geändert werden müsste (vgl. § 31 Absatz 3 BauGB). Bisher gibt es diese Möglichkeit nur im Einzelfall, der häufig schwer zu begründen war.
Innenentwicklung: Es soll leichter verdichtet gebaut werden können, d. h. in zweiter Reihe auf dem Grundstück oder in Höfen. Besitzt also eine Familie einen großen Garten, der Platz für ein zweites Haus lässt, können die Kinder künftig schneller und einfacher ein eigenes Haus auf dem Grundstück errichten. Bisher scheitert das daran, dass eine solche verdichtete Bebauung nicht dem bisherigen Charakter eines Quartiers entspricht. Das bringt Konflikte mit sich.
Sozialer Flächenbeitrag: Mit Hilfe der sogenannten Baulandumlegung können Gemeinden Grundstücke entsprechend der Vorgaben eines Bebauungsplans und nach Maßgaben des BauGB neugestalten oder vorbereiten. Dieses Instrument soll genutzt werden, um auf mehr Flächen sozialen Wohnungsraum zu schaffen. So soll bei der Baulandumlegung ein sozialer Flächenbeitrag eingeführt werden (§ 58a BauGB). Das heißt konkret: Ergibt sich in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt im Ergebnis einer Baulandumlegung ein Anspruch der Gemeinde gegen die Eigentümer auf Wertausgleich in Geld, soll sie statt des Geldes eine Fläche verlangen können. Dann muss sie sich jedoch dazu verpflichten, auf dieser Fläche sozialen Wohnungsbau zu errichten. Wertmäßig ändert sich für die Eigentümer dadurch nichts. Eigentümer profitieren weiterhin, denn sie erhalten durch die Umlegung besser nutzbares Land.
Stärkung der kommunalen Vorkaufsrechte: Die Einbringung eines Grundstücks in eine Gesellschaft soll einem Kaufvertrag gleichgestellt werden. Dadurch wird das spätere Unterlaufen kommunaler Vorkaufsrechte durch die Nutzung sog. Share Deals erschwert. Außerdem sollen die kommunalen Vorkaufsrechte nach BauGB zukünftig auch dann ausgeübt werden können, wenn ein in Eigentumswohnungen geteiltes Gebäude als Ganzes veräußert wird.
Musikclubs:
Mit der großen Novelle des Städtebaurechts soll eine eigenständige, neue Nutzungskategorie der „Musikclubs“ in die Baunutzungsverordnung eingeführt werden. Zur weiteren städtebaulichen Hervorhebung der Musikclubs wird zudem vorgeschlagen, eigenständige Gebiete für Musikclubs ausdrücklich in den Katalog der Sondergebiete nach § 11 Absatz 2 BauNVO aufzunehmen, um den Gemeinden deren planerische Sicherung zusätzlich zu erleichtern. Mit den vorgeschlagenen Änderungen soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Musikclubs ein wichtiges Element des kulturellen Lebens sein können und daher einen kulturellen Bezug aufweisen.
Umwandlungsschutz: Das Instrument des Umwandlungsschutzes nach § 250 BauGB wird bis Ende 2027 verlängert. Damit können die Länder in besonders ausgewiesenen Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt einen Genehmigungsvorbehalt für die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen einführen.
Fristen für die Bauleitplanung: Die Aufstellung von Bebauungsplänen dauert häufig mehrere Jahre. Künftig sollen die Gemeinden Pläne im Regelfall innerhalb von zwölf Monaten nach Ende der Beteiligungsverfahren veröffentlichen.
Umweltprüfung und Umweltbericht: Der Umfang des Umweltberichts soll künftig nur ein Drittel der Begründung des Bebauungsplans umfassen. Die Prüftiefe soll konzentriert werden auf diejenigen Belange, die tatsächlich auf der abstrakten Planebene (ohne konkretes Vorhaben) bewertbar sind.
Innovationsklausel: Veraltete Bebauungspläne sollen künftig schneller aktualisiert werden können („Innovationsklausel“). Grundsätzlich findet auf einen Bebauungsplan die Baunutzungsverordnung (BauNVO) in der Fassung Anwendung, die zum Zeitpunkt der Planaufstellung galt. Verbesserungen in der BauNVO wirken daher immer nur für die Zukunft, es sei denn, die Gemeinde ändert den Plan förmlich. Für diese Änderung eines Bestandsplans auf die jeweils aktuelle BauNVO dient künftig auch das sog. vereinfachte Verfahren nach § 13 BauGB, in dem auf eine Umweltprüfung verzichtet und Beteiligungsverfahren gestrafft werden können.
Digitalisierung: Die Bekanntmachungen, z. B. zu Flächennutzungs- und Bebauungsplänen, werden zukünftig auch digital veröffentlicht. Die Teilhabemöglichkeit von Menschen ohne Internetzugang wird weiterhin sichergestellt.
Stärkung der Klimaanpassung: Künftig sollen die Kommunen im Zuge der Erteilung des Baurechts z. B. die Schaffung von dezentralen Versickerungsanlagen auf einem Grundstück anordnen können oder auch die Anlage eines Gründaches. Insbesondere soll eine solche Möglichkeit auch für den sog. unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) geschaffen werden, in dem sich ein Großteil des Bauens abspielt. Dort kommt es bisher allein darauf an, dass sich das neue Gebäude in die umgebende Bebauung einfügt. Flächen sollen zudem künftig leichter multifunktional genutzt werden (z. B. ein Sportplatz zugleich als Retentionsfläche).
Pflanz- und Maßnahmengebot: Bauherren müssen zukünftig innerhalb einer bestimmten Frist bei den zuständigen Behörden nachweisen, dass sie sogenannte Ausgleichsmaßnahmen, z. B. das erforderliche Pflanzen von Bäumen oder die Begrünung von Dächern, umgesetzt haben (vgl. § 135a BauGB). Die Anzeigepflicht führt zu weniger Verwaltungsaufwand der Gemeinde. Das „Grün“ im Baugebiet wird verlässlich umgesetzt.
Der Gesetzentwurf soll im September 2024 im Bundeskabinett beschlossen werden. Das Gesetzgebungsverfahren soll im Bundestag bis Ende 2024 abgeschlossen sein.
Quelle: Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen