KONSTRUKTIV-KRITISCHER PARTNER DER POLITIK: 100. VERBANDSTAG DES BBU VERZEICHNET REKORDBETEILIGUNG

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Mehr als 360 Menschen durfte der BBU anlässlich seines 100. Verbandstags am 8. und 9. November im Potsdamer Dorint Hotel Sanssouci begrüßen. Unter ihnen waren Vertreter von 173 Mitgliedsunternehmen des BBU sowie zahlreiche Gäste aus Politik und Wirtschaft. Der langjährige Vorsitzende des BBU-Verbandsausschusses Fred-Raimund Winkler eröffnete die Veranstaltung und begrüßte eine lange Reihe von Ehrengästen, unter ihnen die Bundestagsabgeordneten Petra Merkel und Franziska Eichstädt-Bohlig, die ehemaligen Berliner Bausenatoren Peter Strieder und Wolfgang Nagel, der ehemalige brandenburgische Bauminister Hartmut Meyer sowie der ehemalige Präsident des GdW, Jürgen Steinert.Nicht ganz unwesentlich für das große Interesse und die Rekordbeteiligung dürfte die mit Spannung erwartete Rede von Klaus von Dohnanyi gewesen sein, ehemaliger Hamburger Bürgermeister und nach eigenen Worten leitender Redakteur des Berichts des Gesprächskreises Ost der Bundesregierung, der im Sommer 2004 für hitzige Diskussionen gesorgt hatte. Zuvor jedoch überließ Fred-Raimund Winkler das Podium mehreren hochrangigen Vertretern beider Länder, des GdW und der gastgebenden Stadt Potsdam. Der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt, Jann Jakobs, freute sich in seinem Grußwort darüber, dass ausgerechnet die Landeshauptstadt als Gastgeber des Jubiläumsverbandstags ausgewählt worden war. Der BBU sei für die Kommunen des Landes ein ganz besonderer Partner. Und dies nicht allein aufgrund seiner imposanten Größe, sondern vor allem, weil sein Handeln und das seiner Mitglieder stets auch am Wohl der Mieter und damit am Gemeinwohl orientiert gewesen sei. Dem schloss sich die Berliner Senatorin für Stadtentwicklung, Ingeborg Junge-Reyer, gern an. Der BBU könne zurecht stolz sein auf die erreichten Leistungen, die ihn auch in Zukunft zu einem geschätzten Partner der Politik machen würden. Wengleich der Dialog zwischen Verband und Politik keineswegs frei von kritischen und kontroversen Diskussionen gewesen sei, habe der Verband auf wohnungspolitische Fragen weit mehr Einfluss genommen, als dies weithin üblich wäre. Die Anerkennung ihrer Zuhörer erhielt die Senatorin für ihre Stellungnahme zu Befürchtungen bzgl. weiterer Verkäufe von Städtischen Wohnungsbaugesellschaften: Anders lautenden Gerüchten zum Trotz habe der Beschluss des Senats, keine weitere Gesellschaft zu verkaufen, weiterhin Gültigkeit. Ihren Dank sprach Frau Junge-Reyer allen Berliner Wohnungsunternehmen aus. Es sei ganz maßgeblich ihnen zu verdanken, dass Berlin heute über ein differenziertes Wohnungsangebot verfüge, das sich im bundesweiten Konkurrenzkampf um Unternehmensansiedlungen zunehmend als Standort-Vorteil erweise. Auch in Zukunft sei die Hauptstadt auf den BBU und seine Mitglieder als starke Partner der Stadtentwicklung angewiesen.Brandenburgs Minister für Infrastruktur und Raumordnung, Frank Szymanski, bekannte sich in seinem Grußwort zur Wichtigkeit wohnungswirtschaftlicher Fragestellungen für sein Ministerium. Obwohl in der gerade begonnenen Legislaturperiode mit verschärften Verteilungskämpfen um die knapper werdenden Fördermittel gerechtet werden müsse, habe die Landesregierung in ihrer Koalitionsvereinbarung die hohen Bedeutung des Städtebaus betont. Angesichts des erkennbar zunehmenden Tempos des Stadtumbaus sei er optimistisch, dass das Ziel, bis zum Jahr 2009 in Brandenburg insgesamt 50.000 Wohnungen vom Markt zu nehmen, erreicht werden könne. Wenngleich heute zwei Drittel der Stadtumbau-Gelder in den Rückbau flössen, bedeute Stadtumbau jedoch nicht nur weniger Stadt, sondern vor allem bessere Städte. Insbesondere müsse nach Fördermöglichkeiten auch für ländliche Regionen gesucht werden. Sein Ministerium freue sich über die Bereitschaft des Verbandes, gemeinsam ein Stadtumbau-Monitoring zur Wirkungskontrolle der eingesetzten Ressourcen zu entwickeln. Bezüglich der Verlängerung der Investitionszulage bedauerte Szymanski das Scheitern der Initiative aufgrund der Haltung Sachsens. Er sei sich darüber bewusst, dass die Verlängerung dieses Instruments eine große Bedeutung für die Wohnungsunternehmen und nicht zuletzt für das Gelingen des Stadtumbaus habe und wolle – zuerst in der Konferenz der ostdeutschen Bauminister Anfang Dezember – weitere diesbezügliche Anstrengungen unternehmen. Der Stadtumbau stand auch im Mittelpunkt des Grußworts von GdW-Präsident Lutz Freitag. Die im Zusammenhang mit der Abschaffung der Eigenheimzulage diskutierten, verstärkten Investitionen beispielsweise in Forschung und Entwicklung machten nur dann Sinn, wenn sie in Städten erfolgten, die attraktive Standorte für die zu fördernden Einrichtungen seien. Insofern seien die Städte die Anker der Entwicklung der neuen Länder, Stadtumbau Ost und Aufbau Ost müssten Hand in Hand gehen.Damit hatte Herr Freitag bereits das Stichwort gegeben für den Höhepunkt des öffentlichen Teils der Veranstaltung, den Redebeitrag von Dr. Klaus von Dohnanyi unter dem Titel „Herausforderung im Aufbau Ost“. Welche Rolle spielt der Aufbau Ost für die heutige Situation in Deutschland? Zur Beantwortung dieser Frage skizzierte von Dohnanyi zunächst einige Eckpunkte der aktuellen wirtschaftlichen Lage: Betrachte man einzelne Unternehmen, sei Deutschland in vielerlei Hinsicht – etwa in der Innovationskraft und den Zukunftsinvestitionen– nach wie vor Weltspitze. Die gravierenden Probleme des Land würden vor allem aus der hohen Arbeitslosigkeit und dem unzureichenden Wirtschaftswachstum resultieren. Letzteres habe in den alten Bundesländern ganz erheblich unter den nach Osten abfließenden Transferleistungen zu leiden. Pro Jahr fließe ein um Rückflüsse bereinigter Betrag von vier Prozent des jährlichen Sozialprodukts Westdeutschlands in den Osten, wobei zwei Drittel dieser Summe allein dem dortigen Sozialsystem zu Gute kämen und nicht für Investitionen bereitstünden. Ein Drittel der Kaufkraft Ostdeutschlands werde durch die Transferzahlungen der alten Länder finanziert. Angesichts dieser Fakten sei ein radikales Umlenken im Aufbau Ost unumgänglich. Ohne dieses komme auf ganz Deutschland ein langfristiger Rückfall mit massiven finanziellen, wirtschaftlichen und sozialen Probleme zu. Vorgeschlagen habe der Gesprächskreis Ost deshalb die konsequente Überprüfung aller, auch bereits genehmigter Infrastrukturprojekte und die Konzentration der frei werdenden Mittel auf tatsächlich notwendige, zur Schaffung von Arbeitsplätzen dienende Projekte in ausgewählten Wachstumskernen. Diese seien mit einem professionellen Management zu versehen. Nötig sei außerdem eine länderübergreifende Kooperation von Bund und Ländern zur gezielten Förderung der Wirtschaft und ein umfassender Bürokratie-Abbau auf allen politischen Ebenen. Ziel müsse die unbedingte Konzentration auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Entwicklung einer Aufbaustrategie sein, die die begrenzte Leistungsfähigkeit Westdeutschlands berücksichtige, fasst der Referent seine Aufführungen zusammen. Spätestens bis zum Auslaufen des Solidarpakts II im Jahr 2019 müsse in Ostdeutschland eine auf sich allein gestellt lebens- und konkurrenzfähig Wirtschaft errichtet werden. Wer die Wahrheit sage, brauche ein schnelles Pferd, so ein durch von Dohnanyi zitiertes, chinesisches Sprichwort. Auch wenn diese Wahrheit nicht immer und nicht für jeden angenehmen sei, sei er nach wie vor optimistisch: Es werde sich etwas ändern in Deutschland.