Die historische Struktur Brandenburg mit einer Vielzahl kleinerer Städte konnte durch den Sanierungsprozess der vergangenen Jahre zu neuem Leben erweckt werden. Durch den gezielten Mitteleinsatz der Städtebauförderung konnten große Fortschritte bei der Revitalisierung der Innenstädte erzielt werden. Dennoch weisen Leerstand und Funktionsprobleme in vielen Städten darauf hin, dass der Erneuerungsprozess noch längst nicht abgeschlossen ist.
Die durch den starken Bevölkerungsrückgang verursachten Probleme bedrohen die Handlungs- und Überlebensfähigkeit der Städte. Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Freizeiteinrichtungen haben sich viel stärker als in den alten Ländern im Umland angesiedelt. Die ländlichen Räume verlieren deutlich an Bevölkerung, was sich nach allen Prognosen fortsetzen wird und weitere Leerstände erwarten lässt.Die Städte müssen zu Ankerpunkten beim Rückzug aus der Fläche werden. Nur mit starken Städten kann das Flächenland Brandenburg dauerhaft eine vielfältige Lebenswelt bieten. Die Innenstädte sind das Herz und Gesicht der Städte. Die konsequente Hinwendung zur Innenstadt stellt die Antwort auf das Schrumpfen der Städte dar. Damit die Innenstädte die Funktion als Handels- und Dienstleistungsstandort, als Ort der sozialen und kulturellen Versorgung wahrnehmen können, reichen jedoch lokal begrenzte Aktivitäten einzelner Akteure nicht aus - eine so komplexe Aufgabe bedarf der landesweiten Kooperation und Vernetzung unterschiedlichster Partner.Um in Zeiten knapper Mittel Lösungen jenseits finanzieller Unterstützungen aufzuzeigen und Erfahrungen auszutauschen, ergriffen die Landeshauptstadt Potsdam, die Landesarbeitsgemeinschaft der IHK Brandenburg, das Deutsche Seminar für Städtebau und Wirtschaft (DSSW) und die Arbeitsgemeinschaft der Sanierungsträger in Brandenburg die Initiative und riefen das Innenstadtforum Brandenburg ins Leben.Unter dem Titel „Perspektiven der Innenstadtentwicklung im Land Brandenburg“ fand am 30. Oktober 2003 das 1. Innenstadtforum statt, bei dem unterschiedliche Handlungsansätze und Beispiele kommunalen und privaten Engagements vorgestellt wurden. Mit großer Resonanz wurde von den Teilnehmern aus ganz Brandenburg die Idee zur Gründung einer Interessenvertretung für die Brandenburger Innenstädte aufgenommen.Am 3. Juni 2004 wurde in Cottbus die Arbeitsgemeinschaft „Innenstadtforum Brandenburg“ von elf Brandenburger Städten und dem Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen als Pro-Innenstadt-Lobby gegründet. Weitere Städte, Verbände und Innenstadtakteure haben ihre Mitgliedschaft in Aussicht gestellt. Ein solcher interkommunaler und interdisziplinärer Zusammenschluss ist bisher einmalig in Deutschland.Als nächsten Schritt wird das Innenstadtforum Gespräche mit den Ministerien für Wirtschaft, für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr sowie für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung führen, um die Landespolitik stärker einzubinden und ein ressortübergreifendes Engagement zur Stärkung der Innenstädte zu erwirken. Ziel ist es, ein abgestimmtes Vorgehen der Fachminister zu erreichen.Neben der kontinuierlichen Lobbyarbeit veranstaltet die AG zweimal jährlich öffentliche Forumsveranstaltungen, die dem Erfahrungsaustausch, der Artikulation von Interessen und der Vorstellung von best-practise-Beispielen dienen. Darüber hinaus soll die Vernetzung zwischen den Akteuren verbessert und neue Partner gefunden werden. Das 2. Innenstadtforum, das am 3. Juni in Cottbus stattfand, widmete sich unter dem Titel „Wirtschaftsstandort Innenstadt – Wege zu einer attraktiven Mitte“ der Frage, wie man weitere Funktionsverluste verhindern und das Wirtschafts- und Handelszentrum Innenstadt stärken kann.Die Entwicklung in den Städten steht in untrennbarem Zusammenhang mit der Situation des Handels. Auch wenn Städte mehr sind als Handelszentren, so wächst die Anziehungskraft einer Innenstadt mit ihrer Attraktivität als Einkaufsstandort. Dabei ist nicht nur die Anziehungskraft auf Kunden und Besucher gemeint, sondern auch bei der Stadtortwahl von Firmenzentren und Verbänden, Freiberuflern, Dienstleistern sowie Gastronomie und Handwerk. Die Innenstädte sind mittelständisch geprägte Wirtschaftsstandorte, denen bisher durch die Wirtschaftsförderung zu wenig Aufmerksamkeit zu teil wurde. Um die Innenstadt als attraktiven Einkaufs- und Erlebnisraum gegenüber den Handels- und Freizeitangeboten auf der „Grünen Wiese“ konkurrenzfähig zu machen, bedarf es einer stärkeren Kooperation zwischen den Städten und den Innenstadtakteuren. Zusätzlich werden viel Engagement und das Zusammenwirken öffentlicher und privater Maßnahmen, ressortübergreifend und unter Einbeziehung unterschiedlichster, aufeinander abgestimmter Instrumente benötigt. Das Innenstadtforum Brandenburg versteht sich als Initiator und Moderator dieses Prozesses.Am Beispiel der Stadt Cottbus wurden sieben als zentrale Handlungsfelder die städtebauliche Aufwertung, die Integration von Kundenmagneten, das Veranstaltungsmanagement, die Aufwertung des Kultur- und Freizeitangebotes, die Sicherung der Gestaltqualität, die Aufwertung des Einkaufs- und Dienstleistungsangebotes sowie das Citymanagement herausgestellt.Zur Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einer Innenstadt gibt es keine Pauschallösung. Zu handeln ist auf vielen Felder. Voraussetzung ist, dass alle Akteure bereit sind, die vorhandenen Entwicklungshemmnisse auf Grundlage eines abgestimmten Leitbildes zu beheben. Ein zentrales Problem ist dabei die Konkurrenzsituation zu den Einkaufszentren auf der „Grünen Wiese“, deren Vorteile in der Angebotsvielfalt, den Parkmöglichkeiten und kurzen Wege liegen. Die Stadtzentren müssen eine andere Profilierung finden und ihre Trümpfe, wie z.B. ein historisch geprägtes Stadtbild, ausspielen. Für das 3. Innenstadtforum, das am 18. November in Fürstenwalde stattfindet, hat die Arbeitsgemeinschaft das Thema „Kulturstandort Innenstadt“ vorgesehen. Dabei gilt es, aufzuzeigen, wie auch kleinere Städte attraktive kulturelle Angebot ermöglichen können.Die ersten Schritte der AG haben erwiesen, dass das Zusammenwirken aller Akteure der richtige Weg zur Stärkung der Innenstädte ist. Schon aufgrund der Verschiedenartigkeit der Städte ist es nicht möglich, ein für alle verbindliches Handlungskonzept zu formulieren. Grundsätzlich ist die Lösung der Probleme nur mit einem Bündel von Maßnahmen und einer Pro-Innenstadtpolitik erreichbar, bei der die Raumordnung, die Stadtentwicklung, die Wohnungs-, Verkehrs-, Wirtschafts- und Kulturpolitik auf Landesebene einbezogen werden müssen.Die AG wurde als Kommunale Arbeitsgemeinschaft im Sinne des Gesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit im Land Brandenburg gegründet. Die inhaltliche Arbeit wird von einer freiwilligen Arbeitsgruppe übernommen, deren Bürgermeister Manfred Reim zusammen mit dem Bürgermeister der Stadt Lübbenau/Spreewald und Dr. Wolfgang Schönfelder vom BBU zum Vorstand der AG gewählt wurde. Zur organisatorischen Vorbereitung der Veranstaltungen bedient sich das Innenstadtforum einer Geschäftsstelle, die bei der Stadtkontor GmbH (Tel. 0331/743 57-0) angesiedelt ist. Die Finanzierung erfolgt aus den Beiträgen der Mitglieder, wobei das MSWV für die Anlaufphase Lotto-Fördermittel zur Verfügung gestellt hat.Anne Fellner, Kerstin KreklerAG „Innenstadtforum Brandenburg“