Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) hat in einem Positionspapier eine breit angelegte Sanierungswelle für Gebäude gefordert. Die Vorschläge reichen von Mindest-Effizienzstandards über Sanierungsfahrpläne für alle Gebäude bis hin zu Sanierungspflichten. Eine dafür aus Sicht des BDI notwendige 70-prozentige Steigerung der derzeitigen Sanierungsrate, einen Einsatz von 400.000 bis 700.000 zusätzlichen Fachkräften und Investitionen im dreistelligen Milliardenbereich für Sanierung und Neubau – und das alles bis 2030 – hält die sozial orientierte Wohnungswirtschaft für schlicht nicht machbar sowie ineffizient.
Eine finanzielle Überforderung aller Beteiligten wäre die Folge, am härtesten würde es Haushalte mit mittleren und niedrigen Einkommen treffen. Zudem brauchen wir in Deutschland neben einem klimagerechten Wohnungsbestand auch dringend bezahlbaren Wohnungsneubau – hierfür muss die Investitionsfähigkeit der Wohnungsunternehmen wiederhergestellt und gesichert werden.
„Die Forderungen des BDI sind offenkundig ein reines Arbeitsbeschaffungsprogramm für die Industrie im Bereich der Gebäudeeffizienz. Und das zu Lasten von Eigentümern und Mietern. Die Dimension der vorgeschlagenen Steigerung der Sanierungsrate, der Fachkräfte-Anwerbung und vor allem der zusätzlich anfallenden Kosten im hohen Milliardenbereich ist nicht nur komplett unrealistisch – die Vorstellungen wären vor allem Gift für den sozialen Frieden in Deutschland. Denn die Kosten würden Vermieter, Mieter und Einzeleigentümer gleichermaßen komplett finanziell überfordern“, sagt Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW.
„Die Annahme des BDI, der Staat müsse die von den Hauseigentümern nicht leistbaren Kosten übernehmen, ist fernab der Realität. Denn die geforderte Subvention von 19 Mrd. Euro pro Jahr allein für die energetische Gebäudesanierung ist angesichts der aktuellen Haushaltslage sowie der wirtschaftlichen Aussichten komplett unrealistisch. Übrig bliebe also am Ende eine Verpflichtung, die alle maßlos überfordert – außer den Herstellern und verarbeitenden Betrieben im Bereich der Gebäudeeffizienz. Der Vorschlag des BDI ist damit gesellschaftlich brisant, denn es verlieren sowohl die Eigentümer als auch die Mieter, weil wenig sinnvolle Maßnahmen teuer erkauft werden müssen. Die Klimaziele würden so dennoch nicht erreicht – damit würde es sich um eine Lose-Lose-Situation für alle Seiten handeln“, so Gedaschko.
Falsch: klima- und sozialpolitisch blindes Hochschrauben der Gebäudeeffizienz
Ein immer weiteres, letztlich unkontrolliertes Hochschrauben der Gebäudeeffizienz ist der unintelligenteste, weil teuerste Weg in Richtung Klimaziele. Seit Jahren wurden hier hunderte Milliarden Euro inklusive zig Milliarden an Subventionen ausgegeben, ohne dass sich der gewünschte Effekt mit Blick auf die Senkung des Energieverbrauchs im Gebäudebereich auch nur annähernd im gewünschten Ausmaß eingestellt hätte. Hier müssen unbedingt die Lehren aus den Fehlern der Vergangenheit gezogen werden. Denn allein in den 12 Jahren von 2010 bis Ende 2022 wurde in Deutschland die Unsumme von 545 Mrd. Euro in energetische Sanierungsmaßnahmen von Wohngebäuden gesteckt, ohne dass der Energieverbrauch durch Raumwärme pro Quadratmeter nach einem bereits erreichten Rückgang um ein Drittel zwischen 1990 und 2010 dann noch weiter gesunken wäre. Das haben Analysen von Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums und des Bundesumweltamtes spätestens seit 2020 deutlich gemacht – und die Wohnungswirtschaft weist seitdem mit Nachdruck auf diesen Missstand hin.
Die Daten zeigen unmissverständlich: Viel hilft nicht viel. Im Gegenteil! Viel Geld in die Gebäudesanierung zu stecken, ohne noch einen wirklich spürbaren Effekt zu erzielen, kommt letztlich dem Verbrennen von Geld gleich. Das ist obendrein noch schlecht fürs Klima, weil das Material für die Gebäudesanierung unter CO2-Ausstoß produziert, transportiert und verbaut werden muss. Kurzum: Die Energieeinsparung, die heute noch durch einen einseitigen Fokus aus Gebäudeeffizienz möglich ist, steht in keinem Verhältnis mehr zum Aufwand.
Richtig: kluge Mischung aus Effizienz mit Augenmaß, smarter Technik, grüner Energieversorgung
Der Weg, den wir stattdessen einschlagen müssen, ist günstiger für alle und viel besser fürs Klima: Er führt weg vom Gebäudeeffizienz-Fetisch, hin zu einer klugen, ausgewogenen Mischung aus Energieeinsparung mit Augenmaß und einem deutlichen Ausbau von digitaler Vermeidungstechnik zur Nutzerinterstützung. Dabei geht es um smarte, kostengünstige Geräte zur abgestimmten Wärmesteuerung in Wohnungen. Dazu gehört eine vernetzte, optimierte Anlagensteuerung und die Befreiung der Energieerzeugung von CO2 – Defossilisierung genannt. Diese einfache Kombination aus Bausteinen für eine wirklich smarte Energiewende wird sehr viel mehr Effekt bei der CO2-Einsparung bringen und ist bei Weitem nicht so kostenintensiv – also gut für den Geldbeutel und besser fürs Klima. Weder Eigentümer noch Mieter werden so überlastet, soziale Spaltung wird verhindert und wir können die Klimaziele auf effiziente Weise ansteuern.
Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen vertritt als größter deutscher Branchendachverband bundesweit und auf europäischer Ebene rund 3.000 kommunale, genossenschaftliche, kirchliche, privatwirtschaftliche, landes- und bundeseigene Wohnungsunternehmen. Sie bewirtschaften rd. 6 Mio. Wohnungen, in denen über 13 Mio. Menschen wohnen. Der GdW repräsentiert damit Wohnungsunternehmen, die fast 30 Prozent aller Mietwohnungen in Deutschland bewirtschaften.
Quelle. GdW