EINBRINGUNG EINES BREITBANDKABELS IST KEINE MODERNISIERUNG, WENN DVB-T DURCH SET-TOP-BOXEN EMPFANGEN WERDEN KANN

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Nach Auffassung des LG Berlin stellt die Einbringung eines rückkanalfähigen Breitbandkabels nach Einführung des terrestrischen digitalen Fernsehens (DVB-T) keine duldungspflichtige Modernisierungsmaßnahme dar. Das LG Berlin hat durch Urteil vom 28 Mai 2004, veröffentlicht in Das Grundeigentum 2004, Seite 964 f., entschieden, dass derzeit noch kein Anspruch auf Duldung des Einbaues eines rückkanalfähigen Breitbandkabelanschlusses als Modernisierungsmaßnahme bestehe, da nach der derzeitigen Verkehrsauffassung (erheblicher objektivierbarer Nutzerkreis) noch keine nachhaltige Gebrauchswerterhöhung der Mietsache erfolge. In den BBU-Medien war zuletzt über die Entscheidung des AG Neukölln vom 5. November 2003 berichtet worden. Das AG Neukölln hatte entschieden, dass bei den heutigen technischen Gegebenheiten die Schaffung eines Breitbandkabelanschlusses nicht mehr ohne weiteres als Modernisierung anzusehen sei. Verwiesen hatte das AG Neukölln insbesondere auf die Einführung des digitalen Fernsehens und der damit verbundenen Empfangsmöglichkeit von 25 Fernsehprogrammen (BBU-Nachrichten 13/2004). Bedauerlicherweise hat nunmehr das LG Berlin durch Urteil vom 28. Mai 2004 dieses AG-Urteil bestätigt. Auch das LG verneint einen Duldungsanspruch des Vermieters gegenüber dem Mieter. Der Vermieter hatte vom Mieter die Duldung der Anbringung von zwei Kabelsteckdosen in der Wohnung und die Verlegung der entsprechenden Kabelleitung auf Putz verlangt.Das AG Neukölln hatte unter anderem darauf abgestellt, dass seitens des Vermieters nicht hinreichend dargetan worden sei, dass der Anschluss an das Breitbandkabelnetz tatsächlich zu einer Wertverbesserung der Mietwohnung führen würde. Insbesondere vor dem Hintergrund der Einführung des digitalen Fernsehens und dem damit verbundenen Empfang von bis zu 25 Fernsehprogrammen entweder durch Gemeinschaftsantenne oder aufgrund eines vom Mieter anzuschaffenden Decoders sei der Wertverbesserungseffekt bei der Umstellung auf Breibandkabelanschluss zweifelhaft.Dem schließt sich nunmehr die 63. Zivilkammer des LG an und verweist insbesondere auf den Rechtsentscheid des Kammergerichtes aus dem Jahr 1985. Danach richte sich die Frage der Wohnwertverbesserung nicht nach der Wertung des derzeitigen Mieters, sondern nach der Verkehrsauffassung. Entscheidend sei, ob allgemein in den für das Mietobjekt in Betracht kommenden Mieterkreisen der Maßnahme eine Wohnwertverbesserung beizumessen sei. Unter Anwendung der vorgenannten Definition vertritt das LG Berlin hier die Auffassung, dass nach der Einführung des so genannten digitalen terrestrischen Fernsehens (DVB-T) der Anschluss an ein rückkanalfähiges Breitbandkabelnetz derzeit noch keine Verbesserungsmaßnahme darstelle. Zwar gewährleiste das Breitbandkabel eine erweiterte Programmvielfalt und habe eine bessere technische Qualität. Allerdings sei der Qualitätsabstand zwischen dem Kabelempfang und dem mittels Set-Top-Box zu realisierenden Empfang der digital ausgestrahlten Programme deutlich zurückgegangen. Das LG weist allerdings darauf hin, dass in dem Verfahren nicht vorgetragen worden sei, dass denkbare Einschränkungen beim Empfang des terrestrischen Fernsehens aufgrund örtlicher Gegebenheiten des Hauses, etwa infolge von Verschattungen, gegeben waren. Im Berufungsverfahren hatte der Vermieter dann weiter auf die Möglichkeiten hingewiesen, durch Decoder den zusätzlichen Empfang einer Vielzahl von  inländischen und ausländischen, kostenpflichtigen Programmen sowie von Premiere anbieten zu können. Desweiteren wies er auf die Möglichkeiten des Rückkanals im Breitbandkabel hin, die etwa für Internet- oder Pay-per-view-Dienste genutzt werden könnten.Das LG kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass es sich nach der derzeitigen Verkehrsauffassung bei diesem erweiterten Angebot noch nicht um eine nachhaltige Gebrauchswerterhöhung der Mietsache handele. Vielmehr lässt nach Auffassung der Kammer insbesondere die seit Jahren andauernde Stagnation des Marktes für kostenpflichtige TV-Programme den Schluss zu, dass es sich bei dem so genannten Zusatzangebot der Breitbandkabelnetze unter den gegenwärtigen Voraussetzungen um nicht mehr als ein von einem kleinen Spektrum von Fernsehzuschauern respektive Mietern akzeptiertes Angebot handele. Eine generelle Verbesserung der Mietsache für einen erheblichen Nutzerkreis läge damit nicht vor. Das LG geht vielmehr davon aus, dass hinsichtlich der Internetnutzung die entsprechenden Marktteilnehmer in aller Regel ihren Bedarf durch anderweitig, kostengünstige Angebote außerhalb des Breitbandkabels abdecken könnten. Anmerkung des BBU:Wie bereits gegenüber der Entscheidung des AG Neukölln, bestehen auch gegenüber der LG-Entscheidung erhebliche Bedenken. Unseres Erachtens berücksichtigt das LG Berlin in seiner Abwägung nicht ausreichend, dass die Informations- und Kommunikationstechnik sich derzeit in erheblichem Maße wandelt und insbesondere die Nutzung interaktiver Dienste etwa des Internets rasant zunimmt. Allein das rückkanalfähige Breitbandkabel gibt die Möglichkeit zur Nutzung derartiger Dienste. Darüber hinaus sollen auch zukünftig verstärkt weitere, vor allem ausländische, Sender eingespeist werden, die derzeit nicht über das digitale terrestrische Fernsehen mit seinen ca. 27 digitalen Programmen zu empfangen sind.Insgesamt stellt nach Auffassung des BBU der Einbau eines rückkanalfähigen Breitbandkabelanschlusses sehr wohl eine Wohnwertverbesserung dar, auch wenn derzeit vielleicht nur ein kleinerer Teil der Mieter diese nutzt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Nutzerkreis ständig zunimmt und dass insbesondere ausländische Mieter sich wegen unzureichender Informationsversorgung eher auf einen Anspruch auf Aufstellung einer Parabolantenne berufen würden. Hinzuweisen ist auch auf die Anmerkungen des ehemaligen Vorsitzenden Richters des LG Berlin, Klaus Schach, in Grundeigentum 2004, Seite 928 ff. Das Urteil ist derzeit noch nicht rechtskräftig. Die Revision wurde zugelassen und soll auch eingelegt werden. Es bleibt damit die Entscheidung des BGH zu diesem Sachverhalt abzuwarten.