"Erneuerung aus eigener Kraft" - So lautet das Leitmotiv der Koalitionsvereinbarung, mit dem die zukünftige Landesregierung Brandenburg für die nächste Legislaturperiode antritt. Was die Umsetzung dieses Leitmotivs angeht, ist aus wohnungswirtschaftlicher Sicht eine erste kritische Würdigung der Vereinbarung angezeigt.
Die beiden die Regierungskoalition im Land Brandenburg bildenden Parteien gehen in ihrer Koalitionsvereinbarung davon aus, dass das Land Brandenburg hervorragende Chancen hat, in den kommenden Jahrzehnten aus eigener Kraft zur lebenswerten, weltoffenen und wirtschaftlich florierenden Heimat aller Bürgerinnen und Bürger zu werden.Die zielgerichtete Erneuerung des Gemeinwesens setze die Bündelung und konstruktive Zusammenarbeit aller verantwortungsbewussten Kräfte in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft des Landes voraus. Dazu wolle man die Bedingungen für Investitionen, Wachstum und Beschäftigung in Brandenburg verbessern, mutig die Deregulierung und Entbürokratisierung angehen und die Bürgergesellschaft stärken und fördern. Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V. ist, wie bisher, zur konstruktiven Zusammenarbeit bereit. Wir werden in bewährter Weise unsere Sachkompetenz und unsere analytische Stärke einbringen, damit die BBU-Mitgliedsunternehmen auch in Zukunft zu Investitionen, Wachstum und Beschäftigung beitragen können.Der BBU begrüßt daher, dass im Bereich Wirtschaft die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, Handwerksbetriebe, Gewerbetreibenden und Selbstständigen sowie die Stabilisierung der Wirtschaftsstrukturen im Vordergrund der Arbeit der nächsten Legislaturperiode stehen sollen. Wenn die Koalition feststellt, dass die Rolle der Investitionsbank des Landes Brandenburg als Förderbank des Landes anerkannt und weiter entwickelt werden soll, kann das aus unserer Sicht nur dringend unterstrichen werden. Im Bereich Finanzen und Haushalt bekennt sich die Koalition dazu, die von der EU und dem Bund bereit gestellten Finanzmittel gegen zu finanzieren und insbesondere für die Verbesserung der Standortbedingungen einzusetzen. Der BBU geht dabei davon aus, dass auch auf Landesebene in der Finanz- und Haushaltspolitik wieder mehr Kontinuität einzieht und das ständige Hin und Her von Haushaltssperren und deren Aufhebung nicht weiter geführt wird. Wenn die zukünftige Landesregierung feststellt, dass innovative Betreiber- und Finanzierungsmodelle ein Weg sein könnten, um den Haushalt zu entlasten, die Wirtschaftlichkeit der Verwaltung und die Qualität der Dienstleistungen zu steigern, dann können die BBU-Mitgliedsunternehmen vor allem was den Unterhalt und den Betrieb von Verwaltungsgebäuden betrifft, Unterstützung leisten. Im Bereich Inneres, Verwaltungsmodernisierung und Bürokratieabbau bekennen sich die Koalitionspartner zu starken Landkreisen, Städten und Gemeinden als Fundament für das Land. Sie seien Zentrum des sozialen, kulturellen und politischen Lebens und stifteten Identität in vertrauter Umgebung. In diesem Zusammenhang mahnt der BBU an, die Schlussfolgerungen aus der demografischen Entwicklung für das Land Brandenburg auf Landesebene schneller in ressortübergreifende Konzepte umzusetzen. Dabei muss die Erhaltung der Städte und Kommunen als Ankerpunkte vorrangige Bedeutung haben.Unter der Überschrift „Krisenmanagement für kommunale Unternehmen“ ist lediglich folgende Feststellung enthalten: „Fehlentwicklung in verschiedenen Bereichen der kommunalen Betätigung führen, soweit sie nicht rechtzeitig durch ein kompetentes Krisenmanagement begleitet werden und gegebenenfalls auch finanzielle Hilfen geleistet werden, zu hohen Einstandspflichten für die Gemeinden, zu Verlusten von kommunalem Vermögen, aber auch zur Gefährdung von Fördermitteln und letztlich zu Haushaltsrisiken des Landes“. Hier sind keine Vorhaben oder Zielstellungen zu erkennen. Es muss jedoch erneut eine Einbeziehung, zum Beispiel der kommunalen Wohnungsunternehmen in die Wirtschaftsförderung mittelständischer Unternehmen, eingefordert werden. Die im Bereich Raumordnung getroffene Zielstellung, die Hierarchie der Zentralitätsstufen im Landesentwicklungsplan zu reduzieren und die überörtliche Funktionswahrnehmung in den Vordergrund zu rücken, ist eine längst überfällige und wesentliche Voraussetzung, um der demografischen Entwicklung nachhaltig zu begegnen. Dazu bedarf es nach Auffassung des BBU nicht nur im Bereich Stadtentwicklung, sondern auch bei der kulturellen, sozialen und Verkehrsinfrastruktur unabhängig von der zentral örtlichen Gliederung der Ermittlung von Wachstumspotenzialen und deren Umsetzung in der interkommunalen Zusammenarbeit.Wenn die Koalition im Bereich der Stadtentwicklung feststellt, dass die Städte im äußeren Entwicklungsraum zunehmend zum Kristallisationspunkt von Versorgungseinrichtungen und gleichzeitig der Motor für die sie umgebende Region werden müssen und es daher notwendig sei, jegliche Entwicklungsimpulse künftig noch stärker als bisher auf die Städte zu konzentrieren, dann bedarf es an dieser Stelle der unbedingten Ergänzung. Eine erfolgreiche Stadtentwicklungs- und Wohnungspolitik kann nur greifen, wenn alle an der Stadtentwicklung Beteiligten zukünftig über die Wohnungswirtschaft hinaus erhebliche eigene Beiträge für diese Zielstellung leisten. Dafür zu werben und diese Aufgabe ressortübergreifend zu einem Instrument der Landespolitik zu machen, darin sieht der BBU einen Nachholbedarf, der unverzüglich aufgeholt werden muss. Es gilt nicht nur im Sinne einer integrierten Strukturpolitik, die Instrumente der Städtebau- und Wohnungsbaupolitik mit den Programmen der Wirtschaftsförderung, aber auch der Hochschulpolitik und der Forschungsförderung abzustimmen. Es kommt auch darauf an, neben dem staatlich geförderten Wohneigentum im innerstädtischen Entwicklungsbereich die Elemente der Wohnungsbauförderung zu erhalten und zu verstetigen, die unmittelbar einen Beitrag zur weiteren Aufwertung der Bestände leisten. Dazu ist es zwingend, die Investitionszulage mindestens bis zum Jahre 2006 weiterzuführen. Hierzu trifft die Vereinbarung keine Aussage.Zu begrüßen ist, dass die Landesregierung die vollständige Gegenfinanzierung von Bundes- und EU-Mitteln im Landeshaushalt für Maßnahmen anstrebt, die geeignet sind, den Folgen des demografischen Wandels zu begegnen. Wenn der Stadtumbau so wie postuliert in den kommenden Jahren eines der zentralen Handlungsfelder der Stadtentwicklungs- und Wohnungspolitik in Brandenburg darstellt, muss jedoch die unbedingte Sicherung der vollständigen Gegenfinanzierung von Bundes- und EU-Mitteln auf diesem Gebiet die Hauptaufgabe sein. Stadtumbau ist nicht alles, aber ohne Stadtumbau ist alles andere nichts. Dies kann aus Sicht der BBU-Mitgliedsunternehmen nur erneut unterstrichen werden. Dabei kommt es vor allem darauf an, bei den Fördermitteln die notwendige Flexibilität zu erhalten und auszubauen, um auf künftige Entwicklungen schneller reagieren zu können. Dabei sind die gewonnenen Erfahrungen des Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr zügig weiter auszubauen.Kritisch ist zu bemerken, dass das Land lediglich die Absicht hat, gegenüber dem Bund mit dem Ziel aktiv zu werden, eine weitere Entlastung von Altschulden der öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften zu erwirken. Damit wird die gegenwärtige Strategielinie des Altschuldenhilfegesetzes verlassen, die eine Altschuldenhilfeentlastung auch für Wohnungsgenossenschaften vorsieht. Die Entlastung nur auf die kommunalen Unternehmen zu konzentrieren bedeutet, die wesentliche zweite Säule der Träger des Stadtumbaus, nämlich die Wohnungsgenossenschaften im Land Brandenburg, zu schwächen und ihre weitere Einbeziehung zu gefährden. Der BBU fordert von der zukünftigen Landesregierung, hier die bisherige Argumentationslinie der neuen Bundesländer nicht zu verlassen. Diese Position wäre im übrigen eine ausschließliche Haltung Brandenburgs im Kreis der neuen Länder.Im Bereich der ländlichen Entwicklung greift die Landesregierung eine seit langem geäußerte Forderung des BBU auf, dass es integrierte ländliche Entwicklungskonzepte für konkret abgegrenzte ländliche Gebiete geben muss und dass die Innenentwicklung der Dörfer und der Rückbau leerstehender dorf-untypischer Gebäude dort zu fördern sei, wo es der wirtschaftlichen Entwicklung diene und der Entleerung der Ortskerne vorbeuge. Das setzt voraus, zu bestimmen, wo wirtschaftliche Entwicklung möglich ist. Auch hier ist eine Koordinierung der Fördermittel ressortübergreifend dringend geboten.Für den Bereich Trink- und Abwasser bzw. Abfallwirtschaft begrüßt der BBU, dass die Landesregierung nur kommunale Abwasserkonzepte fördern will, die den demografischen Wandel berücksichtigen. Genauso dringend ist in diesem Zusammenhang die Feststellung der Koalitionsvereinbarung, dass das Schuldenmanagement für die Abwasserverbände zu Ende zu führen sei und darauf hingewirkt werden müsse, die Strukturen der Abwasserverbände wirtschaftlicher zu gestalten.Die Feststellung, dass die Entsorgungsträger für die Abfallentsorgung dabei fachlich zu unterstützen seien, um den Gebührenanstieg für die Abfallentsorgung in Folge der EU-Abfallentsorgung moderat zu halten, kommt angesichts der bereits eingetretenen Gebührenentwicklung bedauerlicherweise zu spät. Leider hat es die letzte Koalition nicht verstanden, hier rechtzeitig Einfluss zu nehmen, so dass nach unseren Erfahrungen das Gegenteil zu befürchten ist. Der BBU wird diese Prozesse weiterhin kritisch begleiten.Die Koalitionspartner treffen ferner detaillierte Regelungen zu den Zuständigkeiten und zur Organisation innerhalb der Landesregierung. Dabei wird festgelegt, dass die Thematik der demografischen Entwicklung im Land Brandenburg in der Staatskanzlei angesiedelt werde. Das bisherige Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr wird nunmehr die Bezeichnung „Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung“ tragen und somit eine Bündelung der infrastrukturellen und raumplanerischen Zuständigkeiten durch Verlagerung des Bereiches Raumordnung aus dem Ministerium für Umweltschutz, Landwirtschaft und Raumordnung erfahren. Damit wird einer Forderung des BBU nachgekommen, den infrastrukturellen Ansatz zu stärken, um bessere Voraussetzungen für den Stadtumbau zu schaffen.Zu den ersten Taten der Landesregierung gehört, dass Reinhold Dellmann, bisher verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, nunmehr als Nachfolger von Clemens Appel Staatssekretär im neuen Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung wird. Clemens Appel wechselt in die Staatskanzlei und wird Chef derselben. Wir gratulieren an dieser Stelle und wünschen uns eine Fortsetzung der bisherigen guten Zusammenarbeit.