Anspruch auf Wohnungsbesichtigung durch einen Sachverständigen

Zur Vorbereitung einer Vergleichsmieterhöhung
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Der BGH hat durch Beschluss vom 28. November 2023 (VIII ZR 77/23) entschieden, dass den Mieter eine Nebenpflicht aus Treu und Glauben trifft, eine Besichtigung seiner Wohnung zuzulassen, wenn der Vermieter dafür einen sachlichen Grund hat. Ein solcher sachlicher Grund kann angenommen werden, wenn der Vermieter zur Vorbereitung einer Vergleichsmieterhöhung mit einem Sachverständigen die Mietsache besichtigen will.

Zur Beschaffenheit der Mietsache gehört auch deren Erhaltungszustand; auch wenn zur (formalen) Begründung des Mieterhöhungsverlangens mit einem Sachverständigengutachten dieser die Wohnung nicht zwingend besichtigt haben muss. Der Vermieter hat dennoch ein schutzwürdiges Interesse daran, dass das Mieterhöhungsverlangen auch in materiell-rechtlicher Hinsicht rechtssicher erklärt wird.

Sachverhalt

In dem entschiedenen Fall ging es um ein Mieterhöhungsverlangen für eine Doppelhaushälfte.

Der Vermieter wollte sich zur Begründung auf ein Sachverständigengutachten zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete beziehen, weil im Mietspiegel keine Vergleichsmiete für diese Kategorie ausgewiesen war. Der Mieter verweigerte dem Vermieter mehrfach den begehrten Zutritt zur Wohnung in Begleitung eines Sachverständigen, der ein Gutachten erstellen sollte. Er berief sich darauf, dass das Gutachten auch ohne Besichtigung angefertigt werden könne.

Entscheidungsgründe

AG Erding, 31. Oktober 2022, 107 C 1097/22

Das AG Erding in der ersten Instanz kam zu dem Ergebnis, dass dem Vermieter ein Anspruch auf Zutritt zur Wohnung mit dem Sachverständigen zusteht. Eine solche Verpflichtung, den Zutritt zu gewähren, ergebe sich aus Treu und Glauben als Nebenpflicht des Mieters aus dem Mietverhältnis.

Berufung durch das LG Landshut, 22. März 2023, 15 S 2916/22

Auch das LG Landshut hielt das Eigentumsrecht des Vermieters in diesem Fall für stärker als das Recht des Mieters am Besitz der Mietwohnung. Bei einer Abwägung müsse daher das Besichtigungsrecht bejaht werden. Es spiele dabei keine Rolle, dass ein Gutachten auch ohne Besichtigung grundsätzlich formell wirksam sei. Der Vermieter habe aber einen Anspruch, nicht nur ein formell wirksames Mieterhöhungsverlangen zu erklären, sondern auch in materiell-rechtlicher Hinsicht den Zustimmungsprozess vorbereiten zu können. Gegen das Berufungsurteil legte der Mieter Revision beim BGH ein.

Revision des BGH

Der BGH bestätigte die Urteile der Vorinstanzen. Er vergleicht dies mit der Lage, ähnlich wie bei einer Begründung des Mieterhöhungsverlangens mit dem Mietspiegel. Bei diesem Verfahren könne der Vermieter ohne Weiteres vom Oberwert ausgehen, ohne auf die Wohnwertmerkmale einzugehen, § 558a Abs. 4 BGB. Bei fehlender Zustimmung des Mieters spielen diese im Rechtsstreit aber eine erhebliche Rolle und sollten deshalb schon im Mieterhöhungsverlangen zumindest gedanklich berücksichtigt werden können. Nach dem Hinweisbeschluss des BGH, mit dem er seine Rechtsauffassung dargelegt hatte, nahm der Mieter die Revision zurück.

Diese Entscheidung ist auch anwendbar für Wohnungen, die sich im Mietspiegel nicht wiederfinden. In diesen Fällen hat der Vermieter neben Vergleichswohnungen nur noch das Begründungsmittel des Sachverständigengutachtens, um eine Mieterhöhung bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete erklären zu können.

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07-24 Anspruch auf Wohnungsbesichtigung_Anlage BGH-Beschluss
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