Thomas Erdt, hauptamtliches Vorstandsmitglied seit 2014, sagte dazu: „Steigende Baupreise, gestörte Lieferketten, die neue Energiegesetzgebung – die ‚Zeitenwende‘ ist auch für die Immobilienwirtschaft eine große Herausforderung. Es freut uns, dass wir – zumindest aus unserer Sicht – in dieser angespannten Lage positive Nachrichten zu vermelden haben.“
Sein nebenamtlicher Vorstandskollege Wolfgang Lössl, der 2019 zur Märkischen Baugenossenschaft kam, bestätigte: „Es tut gut, wenn man als Vorstand auf einer Mitgliederversammlung mit guten Neuigkeiten aufwarten kann. Davon abgesehen stimmt es uns – bei aller notwendigen Vorsicht – optimistisch, dass wir nach langer Durststrecke wieder auf Erfolgskurs sind.“
Drohende Insolvenz Anfang der 2000er-Jahre
Um zu verstehen, warum die Verantwortlichen den Jahresüberschuss aus 2022 als Meilenstein betrachten, ist eine Rückschau notwendig, die mehr als zwei Dekaden zurückreicht. Ende der 1990er-Jahre war es um die Genossenschaft, die damals noch als Gemeinnützige Märkische Baugenossenschaft eG firmierte, deutlich düsterer bestellt. Es drohte sogar die Insolvenz.
Erdt: „Bekanntermaßen vergisst das Internet nicht – die ganze Misere ist noch immer unter diversen Quellen recherchierbar. Daher nur kurz: Fehlinvestitionen verbunden mit deutlich überhöhten Baukosten bei dem damaligen Neubauvorhaben ‚Glienicker Spitze‘ führten zu einer extremen Schieflage der Genossenschaft und hätten beinahe zur Zahlungsunfähigkeit geführt. Und wie es im Eintrag beim wohl bekanntesten Online-Lexikon steht: Damals galt die Märkische Baugenossenschaft als nicht eben gutes Beispiel für die satzungsgemäße ‚Nachschusspflicht‘ der Genossenschaftsmitglieder.“
Abgewendet wurde diese existenzbedrohende Situation letztendlich durch die Ablösung des alten Vorstands und dem Wohlwollen der kreditgebenden Banken, die auf Millionenforderungen verzichteten. Besonders schmerzlich für die Märkische Baugenossenschaft waren die Verkäufe eines Teiles ihrer Wohnungsbestände. Darunter befanden sich viele historischen Wohnanlagen der Genossenschaft. Auf dem Papier war die Wohnungsgenossenschaft zwar gerettet – ein auf Jahre empfindlicher Sparkurs war aber die notwendige Konsequenz.
Optimistischer Blick in die Zukunft
Lössl: „Sie werden verstehen, dass wir die Vergangenheit hinter uns lassen möchten. Wir hatten ausreichend Zeit, aus den Fehlern zu lernen. Und das haben wir! Heute können wir – mit einer gewisse Zufriedenheit – sagen, dass wir im Hier und Jetzt angekommen sind und unseren Mitgliedern das bieten können, was sie von uns erwarten dürfen: Sicherheit. Wir bewegen uns heute in ruhigem Fahrwasser.“
Nach Abschluss des Geschäftsjahrs 2022 kann die Märkische Baugenossenschaft nun sogar den positiven Blick in die Zukunft wagen.
„Es ist nicht so, dass wir bisher ausschließlich gespart und nichts oder nur das Notwendigste getan hätten. Das wäre den Mitgliedern der Baugenossenschaft gegenüber nicht darstellbar gewesen. Wir haben im Rahmen unserer begrenzten Möglichkeiten bereits in den zurückliegenden Jahren in die Sanierung bzw. Ertüchtigung unserer Bestandsgebäude investiert“, betonte Erdt. „Es ist uns bewusst, dass wir weiterhin – analog zur angespannten Lage auf dem Energiemarkt – auf der sprichwörtlichen Sparflamme kochen müssen. Dennoch sind wir guter Dinge, dass wir mit der gebotenen Sensibilität ein bisschen höher drehen und jetzt die Vorhaben anpacken können, die wir in der Vergangenheit zurückstellen mussten“, so Lössl.
Interne Digitalisierungsstrategie
Mittel- und langfristig stehen weitere Sanierungsmaßnahmen sowie der Einsatz energiesparender klimafreundlicher Technologien auf der Agenda. „Konsequent, aber in kleinen Schritten“, sagte Erdt.
Darüber hinaus zeigte sich die Wohnungsgenossenschaft aus Charlottenburg hinsichtlich ihrer internen Infrastruktur zukunftsorientiert. Lössl: „Durch die Digitalisierung unserer Akten und die Implementierung einer neuen Verwaltungssoftware sind wir effizienter geworden. Ziel ist, mit dem ‚papierarmen Büro‘ ein flexibleres Arbeiten zu ermöglichen.“
Abschließend war den beiden Vorstandsmitgliedern wichtig, dass „wir resilient, ja, krisenfest sind. Wir haben die Vergangenheit bewältigt, sind schadlos durch die Coronazeit gekommen – und werden auch die zukünftigen Entwicklungen mit all den Tücken meistern. Warum? Weil wir uns auf die Mitglieder unserer Baugenossenschaft und deren Kooperationsbereitschaft verlassen können. Weil wir mit dem Aufsichtsgremium eine vertrauensvolle Zusammenarbeit pflegen. Und zu guter Letzt freuen wir uns über ein Mitarbeitenden-Team, das sich unabhängig aller Höhen und Tiefen mit unserer Genossenschaft identifiziert und sich dem Wohl der Mitglieder verpflichtet fühlt.“
160.900 Euro sind eben nicht nur eine nackte Zahl im Jahresabschluss, sondern ein hoffnungsfrohes Signal in schweren Zeiten. Mindestens für die Genossenschaft aus Charlottenburg. Der nächste Meilenstein? 100 Jahre Märkische Baugenossenschaft eG im Sommer 2024. Wumms!
Thomas Erdt und Wolfang Lössl von der Märkischen Baugenossenschaft eG. Copyright: Vivian Werk/Photografic