Das Landgericht Berlin hat mit Urteil vom 23. August 2022, Az.: 67 S 44/22, entschieden, dass der Mieter eines in einer Tiefgarage liegenden Stellplatzes gegenüber anderen Stellplatznutzern einen Anspruch darauf hat, dass diese ihre Fahrzeuge nicht länger als 90 Sekunden innerhalb der Tiefgarage „warmlaufen“ lassen.
Sachverhalt
Im zu entscheidenden Fall hatte der Mieter eines Tiefgaragenstellplatzes von einem anderen Stellplatznutzer verlangt, dass dieser den Motor seines Fahrzeugs nicht länger als 90 Sekunden innerhalb der Tiefgarage warmlaufen lässt.
Das Amtsgericht Charlottenburg hat die Klage abgewiesen und das Landgericht Berlin gab der Klage statt.
Urteilsgründe
Das Gericht hat ausgeführt, dass dem Kläger ein Unterlassungsanspruch dahingehend zusteht, dass es dem Beklagten untersagt wird, den Motor seines Fahrzeugs länger als 90 Sekunden innerhalb der Tiefgarage warmlaufen zu lassen.
Das Gericht hat die Regelung zur Besitzstörung zur Begründung herangezogen. Nach § 862 Abs. 1 BGB kann der Besitzer vom Störer die Beseitigung der Störung verlangen, wenn er im Besitz gestört wird. Sofern weitere Störungen zu besorgen sind, kann der Besitzer auf Unterlassung klagen. Eine Besitzstörung wird auch dann angenommen, wenn der Besitzer bei dem Gebrauch der Sache durch Immissionen im Sinne des § 906 Abs. 1 S. 1 BGB beeinträchtigt wird.
Diese Beeinträchtigung wird unweigerlich für Abgase, die durch Laufenlassen eines Fahrzeugmotors ausgestoßen werden, angenommen. Seitens des Klägers kann nicht erwartet werden, dass er die vom Beklagten verursachten Abgase unbeschränkt zu dulden hat. Immissionen sind zwar grundsätzlich hinzunehmen, wenn sie den Gebrauch der Mietsache nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen. Wann eine derart wesentliche Beeinträchtigung vorliegt, beurteilt sich nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsnutzers und dem was ihm unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist.
Als Maßstab dafür, wie intensiv die durch den Fahrzeugbetrieb ausgestoßenen Abgase die Luftqualität in der Tiefgarage beeinträchtigten, ist § 30 Abs. 1 Satz 2 StVO heranzuziehen. Danach ist das „unnötige" Laufenlassen des Motors, das nicht nur Lärm verursacht, sondern auch eine vermeidbare Abgasbelästigung darstellt, verboten. Unnötig ist der Betrieb eines Motors dann, wenn dafür kein technischer Grund mehr vorliegt. Auch bei einer Starthilfe muss der Kläger ein Laufenlassen des Motors
im Anschluss an die Zündung nur dulden, soweit der Wagen 90 Sekunden nach der Zündung des Motors aus der Tiefgarage herausgefahren wird.
Aufgrund der Tatsache, dass der Beklagte im Verfahren nicht bereit war, eine maximale Dauer des Warmlaufenlassens innerhalb der Tiefgarage von zwei Minuten zu akzeptieren, bestand nach Auffassung des Gerichtes die für den Unterlassungsanspruch des Klägers erforderliche Besorgnis zukünftiger Störungen, sodass der Klage stattgegeben wurde.
Download: Urteil des Landgerichts Berlin vom 23. August 2022, Az.: 67 S 44/22